Gedankenkreisen

Dieser Begriff wird in der Psychiatrie mit Problemgrübeln gleichgesetzt, als Krankheit gesehen und mit hammerstarken Psychopharmaka bekämpft. Schade eigenltlich, dass dieses Wortbild negativ behaftet ist. Wenn Gedanken kreisen, heisst das nicht nur, dass sie Probleme umwandern, sondern auch, dass sie sich um ein Thema herumbewegen. Das Problem entsteht vermutlich da, wo der Gedanke seine horizontale Ebene nicht mehr verlässt und immer wieder an den Anfang zurückkehr – also nicht weiterkommt. Kreist er aber so, wie es Milane oder Mäusebussharde zu tun pflegen, dann schraubt er sich mit jeder Runde höher und verändert nach und nach Position, Blickwinkel und Erkenntnis. So betrachtet ist Gedankenkreisen eine aufstrebende, beschwingte Tätigkeit, die den langsamen Weg der Gedanken in die Lüfte der Freiheit beschreibt. Am liebsten würde ich den Begriff nur so verwendet sehen. Ansonsten kann man ja grübeln.

Haiku #21

Neue Strasse,

neuer Duft, neue Klänge.

Neue Richtung.

Titelschlacht

“Darf ich Ihnen Herrn Professor Doktor Liebheit vorstellen?” Ich stutze. Natürlich darf man mir einen Herrn Liebheit vorstellen. “Guten Tag Herr Liebheit.”, antworte ich freundlich. Betretenes Schweigen. War das also eine Aufforderung, die Ansprache mit zwei Titeln zu übernehmen? Offenbar, denn die Gesichter entspannen sich nicht mehr im Lauf des Gesprächs. Das mit den Titeln ist so eine Sache: Der Dr. ist ein erworbener Titel und gehört zum Namen. Es sei denn, er wird wegen Unkorrektheit wieder aberkannt. Der Professor ist eine Anrede und kann wieder verloren gehen. Kein Titel ist Teil des Vor- oder Nachnamens, mit Ausnahme der Adelsbezeichnung “von”. Die Frage bleibt: Warum legen manche Personen so viel Wert auf den Titel? Als würde man mit akademischen oder sonstigen Auszeichnungen den Grad des Menschseins definieren und sich die Achtung der anderen ersteigern. Funktioniert nicht, meine ich.

Am Ball

Single-mindedness: In der Kommunikation lieben wir die Anglizismen. Gemeint ist: eine Botschaft, ein Ziel. Dass dies nicht immer ganz einfach ist, beweisen die täglichen Kundenbriefings, die sich seitenstark über die Zielsetzungen und Inhalte eines neuen Werbemittels auslassen. Selten kann ein Auftraggeber in einem Satz sagen, was er eigentlich sagen möchte. Dass es keinen Sinn macht, Zielgruppen mit Botschaften zu bombardieren, weil diese sich gegenseitig die Show stehlen, ist zwar theoretisch bekannt aber praktisch leider nicht. Dabei gibt es dafür ein so einprägsames Bild: Wirf deinem Gegenüber fünf Tennisbälle gleichzeitig zu, er wird keinen einzigen fangen können. Wirf ihm einen zu und er fängt ihn.

Es war einmal

Diese drei Worte machen klar: Hier beginnt ein Märchen. Ob eine Geschichte immer einen klaren Anfang haben muss, ist Geschmackssache. Auch mittendrin starten ist nett: „Er kniff die Augen zusammen, um sie im Gegenlicht sehen zu können. Sie kam langsam auf ihn zu.“

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Es donnert

Die Mitte der Woche ist der Donnerstag. Gewusst? Laut einer DIN-Definition aus dem Jahr 1975 und in Übereinstimmung mit ISO-8601 ist der erste Tag der Woche der Montag. Die erste Woche des Jahres ist diejenige, die den ersten Donnerstag des Jahres enthält – die also mehr als zur Hälfte dem neuen Jahr angehört. Der Name Mittwoch ergab sich aus dem Sonntag als Wochenbeginn, einer früheren Regelung. Samstag — nach dieser früheren Übereinkunft letzter Tag der Woche — ist mit Sabbat verwandt. Und der Donnerstag heisst leider nicht so, weils dann häufig donnert.  Er ist nach dem germanischen Donnergott Donar, auch Thor, benannt. Umgangssprachlich wird der Donnerstag manchmal „kleiner Freitag“ genannt und bringt die Vorfreude auf das bevorstehende Wochenende zum Ausdruck. Im Kanton Wallis wurde der Donnerstag früher auch Frontag genannt. Diese Bezeichnung bezog sich auf den an diesem Tage zu leistenden “Frondienst”, der dem Gutsherrn oder für die Pflege der Allmende zu leisten war. Also: Starten wir doch mit einer kleinen Freude aufs nahende Wochenende in den Frondienst zum Wohl der wirtschaftlichen Allgemeinheit. Damits so richtig donnert und kracht!

Haiku #20

Im kühlen Nordwind

ein Lächeln dreht himmelwärts

den Westhang grüssend

Sternenklar

“Nennen Sie die Dinge beim Namen, die Versöhnung wird dann umso inniger. Beruflich stehen Sie an einer Gabelung. Welche Richtung Sie einschlagen, sollte allein Ihre Entscheidung sein. Auch eine Herausforderung darf Spass machen. Als Weltmeisterin im feinfühligen Gespräch können Sie viel Terrain gutmachen. Sei es auf freundschaftlicher Ebene oder in der Liebe: Sie sind sehr gefragt. Anderen zu helfen, beflügelt obendrein die Gesundheit. Ihr Starflash: Es braucht immer zwei – fürs Negative und fürs Positive!”

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Pausenende

Die Pause ist zu Ende. Gemeint ist hier die Blogpause, stellvertretend für eine mittellange Schreibpause. Solche braucht es, damit die Worte sich sammeln und neu formieren können. Damit Sätze entstehen, die wieder  etwas aussagen. Damit die Sprache wieder zur Tat schreiten kann.

Ein kurzer Blick in die Begriffswelt der Pausen bringt eine überraschende Vielfalt zu Tage: Ruhepause, Arbeitspause, Schulpause, Mittagspause, Sendepause, Spielpause, Sommer- und Winterpause, Sprechpause, Beziehungspause, kardiale Pause, Menopause, Atempause, Blaupause. Die Welt scheint voller Pausen – und doch ist sie so gehetzt. Vielleicht werden die Pausen allzu schnell mit neuen Aktivitäten und Vorhaben ausgefüllt. Das wäre allerdings schade, denn: Jeder Vor- und Gedankengang braucht immer wieder etwas Ruhe, um mit dem Leben mitzuhalten. Von Pause zu Pause.

Rotation

Wie sich die Nacht verlängern lässt.

Thanks to Randall Munroe, xkcd.com